Fast 1.000 Tier- und Pflanzenarten, ein Hotspot der Artenvielfalt, das sind Wiesen. Ohne Wiesen sähe es mit der Bestäubung der Obstbäume sehr schlecht aus, deshalb hatte die IG Moschde am Freitag, 05.05.2023 zu einem Vortrag über diesen Lebensraum in die Rotensoler Remise eingeladen.
Am Beispiel der Pfinzwiesen bei Karlsbad-Ittersbach, einem Naturschutzgebiet, gewährte der Biologe Ralf Westholt den zahlreichen Zuhörer:innen Einblicke in kuriose Lebensweisen einiger Arten, die auch auf unseren Wiesen noch zu finden sind – jedoch mit sinkender Tendenz. So beipielsweise der Ameisen-Wiesenknopfbläuling, dessen Raupe von Ameisen adoptiert wird. Schaumkronen, die wie Spucke an Grasstängeln kleben, stammen von der Wiesenzikade, einem Insekt, dass für seine Konzerte an lauen Sommerabenden bekannt ist. Der Wiesensalbei hat einen Mechanismus, der bei Besuch einer Hummel oder Biene den Pollen auf deren Hinterleib abstreift, während das Insekt sich im Innern der Blüte am Nektar labt.
Doch wie entstanden eigentlich Wiesen? Nach der letzten Eiszeit kehrten vor etwa 10.000 Jahren allmählich die Bäume zurück. Große wilde Pflanzenfresser wie Büffel, Wisente und Auerochsen durchstreiften Europa, knickten dabei Bäume um, scharrten den Boden auf und mit ihrem Kot brachten sie Pflanzensamen ein: So entstand das Offenland. Auch die ersten Versuche der frisch sesshaft gewordenen Menschen, mit einfachen Mitteln den Wald zu roden, Tiere einzuhegen und später mit Hilfe von Sensen in kleinen Portionen Futter zu gewinnen, trug zur Entstehung von Wiesen und Weiden bei. Im Laufe der Jahrtausende haben sich zahlreiche Lebewesen entwickelt, die sich auf diesen Lebensraum spezialisiert haben und ihn zum Überleben brauchen: Grünland ist also viel mehr als nur Futterlieferant oder Mähfläche.
Die höchste Artenvielfalt haben dabei Wiesen, die zweimal im Jahr mit der Sense gemäht wurden oder von sehr wenigen Weidetieren abgefressen werden.
Diese Art der Bewirtschaftung ist heute nur noch äußerst selten anzutreffen. Das heutige mehrmalige Mähen mit den schnellen landwirtschaftlichen Maschinen , ebenso wie häufiges Rasenmähen im Privatgarten machen vielen Wiesenlebewesen den Garaus. Auch das Mulchen führt zu den hohen Verlusten im Insektenbestand. Daher sind sie Inzwischen selten geworden, die bunten Blumen, die Kräuter, die davon abhängigen Insekten und die Vögel, deren Bestände um 60 – 90% eingebrochen sind. Den Landwirten kann nicht unbedingt ein Vorwurf gemacht werden, denn sie seien Opfer gesellschaftlicher Ansprüche nach billigen Lebensmitteln und einer verfehlten Landwirtschaftspolitik, die sich nicht um Naturschutz schere. Die Flurbereinigungen haben zudem kleinteilige Strukturen aufgelöst, die Lebewesen Unterschlupf bieten, wenn Gefahr drohe.
Nach diesen eindrücklichen Ausführungen und Bildern entspannte sich am Ende des Vortrags eine Diskussion was Lösungen sein können, die anschließend bei Speis und Trank weitergeführt wurden